DAS VERNETZTE KLASSENZIMMER

Auf dem Weg zur digitalen Schule

Von Neocosmo Next • 21.09.2016

Die Digitalisierung verändert das Lernen wie kaum eine gesellschaftliche Entwicklung zuvor. Digitale Bildung beschreibt, wie sich der Bildungsprozess mit dem Einsatz digitaler Medien verändert: Lernen findet zunehmend virtuell statt, ob als E-Lecture, Webinar, Massive Open Online Course (MOOC), im „Flipped Classroom“ oder durch spezielle Learning Apps. Digitale Bildung beinhaltet aber auch, wie sich die Lernziele verändern. Dabei geht es um mehr als den Erwerb von Faktenwissen. Viel bedeutender wird die Kompetenz, sich Wissen selbstorganisiert anzueignen, es anzuwenden und kreative Lösungen für Problemstellungen eigenständig entwickeln zu können.

In Deutschland mangelt es an beidem: Es fehlt sowohl die benötigte Grundausstattung in den Schulen, die gebraucht wird, um digitale Technologien erstens didaktisch-pädagogisch im Unterricht einzusetzen und zweitens in ihrer Funktionsweise zu vermitteln. Zum anderen fehlt die Kompetenz der Lehrerschaft, diese Technologien dann auch tatsächlich im Unterricht zum Einsatz zu bringen.

Ein erster Schritt auf dem Weg zur digitalen Bildung ist es also, die Technologie in allen Schulen flächendeckend auszurollen und für einen entsprechenden Service zu sorgen. Der zweite Schritt ist es, digitale Kompetenzen im Standard in die Lehrerausbildung und in die Lehrerfortbildung einzubauen.

1. Das Ziel: Moderne didaktische Möglichkeiten im 21. Jahrhundert.

Die Art und Weise, wie Wissen in unseren Schulen vermittelt wird, hat sich in den vergangenen Jahren bereits entscheidend verändert und zum Positiven entwickelt. Unterricht findet längst nicht mehr "nur" im Rezipiermodus statt, bei dem sich der Lehrer primär als „Instruktor“ versteht. Vor allem im sogenannten Gruppenunterricht werden didaktische Ansätze genutzt, die darauf abzielen, Themen interaktiv mit den Schülern und Schülerinnen zu erarbeiten. Das gilt auch, und vielleicht sogar besonders, für die Primarstufe. Die Rolle des Lehrers hat sich zunehmend in Richtung „Activator“ und „Facilitator“ entwickelt. Das Ziel ist letztlich getreu dem Motto von George Orwell: “Der ist der beste Lehrer, der sich nach und nach überflüssig macht”. Dabei geht es, gleichzeitig möglichst individuell und inklusiv zu lernen. Gerade die Kombination aus Gruppeninteraktion, individuellem Lernen und Inklusion sind wichtige Ziele in der Diskussion des vernetzten Klassenzimmers.

Moderne Lehrer benutzen heute ein ganzes Instrumentarium an Methoden: Selbstbestimmtes Lernen in Gruppen mit oder ohne Moderation, individuelles Coaching, Lernen durch Beobachtung und Nachahmung (Learning by Apprenticeship), fachübergreifendes und projektorientiertes Experimentieren und Referieren (Inquiry-based Learning), Simulation und Spiele werden passend zum Thema und dem zu vermittelnden Inhalt miteinander kombiniert. Vielfach werden auch die Methoden so gewählt, dass sie zu einem einzelnen Schüler passen und somit unterschiedliche Konzepte in einer Klasse schülerspezifisch eingesetzt. Direkte Instruktion und rezipierendes Lernen werden vorwiegend zur Aktivierung der Schüler in Lernprozessen eingesetzt. Darüber hinaus geht es um das Feedback des Lehrers für die Schüler und über ihr eigenes Lernergebnis. Gleichzeitig wird Lernen als ein hochgradig sozialer Vorgang verstanden: Zusammenarbeit, Hilfestellung und Feedback zwischen Lehrern und Schülern untereinander sind Grundlage dafür, Lernen effektiv und effizient zu gestalten.

Mit digitalen, multimedialen Technologien lässt sich Unterricht sehr gut unterstützen und Gruppenarbeit, Üben und individuelles Lernen miteinander kombinieren. Wie inzwischen aus zahlreichen Studien bekannt ist (vgl. Hattie, Beywl & Zierer, 2013), reagiert das Gedächtnis sehr gut auf multimodalen Input. Mit anderen Worten: werden mehrere Sinne bedient, so werden die Schüler und Schülerinnen aufnahmebereiter. Alle Menschen lernen nachweislich durch eine Kombination von Text, Ton und Bild besser. Abwechslungsreiche Mediennutzung regt zur Aufnahme und Verarbeitung von Wissen an. Hinzu kommt, dass Smartphones, Tablets und/oder Laptops bestens geeignet sind, individuelles Lernen genauso wie Gruppenlernprozesse zu erleichtern. Mit ihnen können Inhalte erarbeitet werden, genauso wie sie helfen können, Wissen einzuüben - in der Primarstufe v.a. auch durch die Möglichkeit, spielerische Elemente zu nutzen. Die Benutzerinterfaces von mobilen Endgeräten sind heute so hochwertig und einfach zu bedienen, dass sie in fast jedem Alter eingesetzt werden können.

Unterstützend wirkt, dass die „Digital Natives“ computergestützte Informationen anders verarbeiten als Menschen, die mit diesen Technologien nicht aufgewachsen sind. Es fällt Ihnen leichter, mit entsprechenden Technologien umzugehen. Für sie ist es selbstverständlich, dass Medien im Alltag eingesetzt werden. Dies bedeutet zwar nicht, dass sie leichter oder schneller lernen – wie in letzter Zeit zwar auch behauptet wurde, letztendlich aber nicht nachgewiesen werden konnte. Es bedeutet vielmehr, dass Akzeptanzbarrieren zur Nutzung von Technologie im Unterricht stark sinken. Begünstigend scheint die „Computer Literacy“ der Dozenten stark gestiegen zu sein, d.h. ihre Fähigkeiten im Umgang mit Computertechnologie sind deutlich besser geworden. Zeiten, in denen die Lehrer einen Teil ihrer Unterrichtsstunde damit verbracht haben, Technik überhaupt in Gang zu setzen, sollten weitestgehend passé sein.

Langzeit-Studien von Hattie, veröffentlicht im Buch „Lernen sichtbar machen“, zeigen eindeutig, dass computergestützter Unterricht grundsätzlich einen positiven Einfluss auf die Erreichung von Lernzielen hat – und zwar in allen Schulbereichen und für alle Kompetenzen (Hattie, Beywl & Zierer, 2013).

Die positiven Effekte sind größer,

  • wenn Computertechnologien eingesetzt werden, um traditionellen Unterricht zu unterstützen, und weniger um ihn zu ersetzen,

  • je besser Dozenten im Umgang mit Computern trainiert sind,

  • wenn mit der Technologie Schülern mehr Möglichkeiten gegeben werden, ihre praktischen Übungsphasen zu verlängern und sie mehr tutorielle Unterstützung erhalten,

  • wenn Schüler den Vorteil nutzen können, ihre Lerngeschwindigkeit und die Auswahl des Lernmaterials selbst zu steuern und zu kontrollieren,

  • wenn Schüler die Computertechnologie nutzen, um gemeinsam zu lernen,

  • wenn Computer dabei unterstützen, dass die Tutoren bzw. Lehrer hochgradig adaptiertes Feedback geben oder die Lernenden selbst Feedback geben dürfen.

Technologieeinsatz schafft dabei Lernerlebnisse und führt so zu höherer Leistungsmotivation. Denn Lernerlebnisse werden vor allem durch Interaktion und außergewöhnliche, kreative Lehr- und Lernmethoden erzeugt. Der Einsatz digitaler Technologien kann dazu beitragen, Unterricht aufzuwerten und zu einem positiven Lernerlebnis zu machen.

2. Die Basis: Technik, vernetzung, Tools und Plattformen

Konkrete Einsatzmöglichkeiten für technologiegestützte Lernszenarien im Unterricht bieten sich viele:

  • ein Video aufzeichnen und sich das Video mit den Schülern ansehen und darüber diskutieren.

  • Texte vorlesen, diese mit dem Mobiltelefon aufzeichnen, und anschließend die Aussprache korrigieren (auch im Selbstlernmodus),

  • Schritt-für-Schritt-Anleitungen mit Hilfe von Bildersequenzen erstellen, diese textuell beschreiben und im Unterricht einzelne Arbeitsschritte dokumentieren (z.B. von einem durchgeführten Experiment).

  • Fotos von Ausflügen machen und anschließend in einem elektronischen Schülerblog dokumentieren und den Eltern zeigen.

  • Bewegungsabläufe im Sportunterricht filmen und anschließend mit den Schülern besprechen.

  • Lernspiele für Fremdsprachentraining nutzen, um Begriffe zu lernen.

  • Mathe-Apps einsetzen, die automatisch einfache Rechenübungen generieren und dem Schüler individuell helfen.

Auch wenn die Technik alleine noch keinen Mehrwert bietet, so geht es dabei ohne eine gewisse Basisausstattung nicht. Denn die oben beschriebenen Szenarien funktionieren dann am besten, wenn in der Schule ein technisch “vernetztes Klassenzimmer“ zur Verfügung steht. Aber was gehört nun zu solch einem vernetzten Klassenzimmer? Nachfolgend unterscheiden wir drei Ausstattungsvarianten, die auch in Ausbaustufen realisiert werden können.

2.1 Ausbaustufe 1: Der vernetzte Lehrer

Das vernetzte Klassenzimmer sollte mit der Ausstattung der Lehrkräfte und einer Minimalausstattung des Klassenzimmers mit drahtlosen Präsentationsmöglichkeiten beginnen. Denn die Anwendung der Technologie im Unterrichtsalltag nimmt dann zu, wenn die Lehrkräfte über sie verfügen. Tabletkoffer, die auf “Mietbasis” im Unterricht eingesetzt werden, sind damit gerade nicht gemeint. Solche Modelle schaffen auf Dauer keine Akzeptanz, sondern führen eher zu Problemen und hohem Zusatzaufwand. Ziel einer Schule sollte es sein, Technik für die Lehrkräfte dauerhaft bereitzustellen. Hierzu gehören mindestens:

  • Eine Lehrkraft sollte ihren eigenen Laptop oder Tablet-PC oder ggf. sogar beides haben. Die Endgeräte sollten personalisiert sein, d.h. als ein individuelles Alltagsarbeitsgerät der Lehrkraft zugewiesen sein und in deren Verantwortung liegen, so dass die Lehrkraft sich das Gerät so installieren und ausstatten kann, wie sie es für den Unterrichtseinsatz plant.

  • Jeder Klassenraum sollte über einen ausreichend großen (TV-)Monitor verfügen, auf den drahtlos Bilder, Videos und Bildschirminhalte vom Lehrer-PC/Tablet bzw. einem mobilen Endgerät übertragen werden können. Kabellose Verbindungen haben den Vorteil, dass umständliche Einstöpsel- und Umstöpstelungsarbeiten, die wertvolle Unterrichtszeit kosten, vermieden werden. Zudem sind mit Kabeln auch viele Probleme der Inkompatibilität der Stecker verbunden. Denn man braucht alle möglichen Steckerverbindungen und Typen (HDMI, RGB), um die verschiedenen Endgeräte zu verbinden. Zudem müssen die Kabel lang genug sein, damit sie die Bewegungsfreiheit und Präsentationsmöglichkeiten nicht einschränken. Um drahtlos auf einem Monitor zu präsentieren, können entsprechende HDMI-Sticks verwendet werden (z.B. Google Chromecast, AppleTV oder Samsung Allshare Cast).

Mit dieser Basisaustattung kann der Monitor (oder alternativ auch ein Projektor) als elektronische Tafel genutzt werden. Lehrer (und auch Schüler) können Inhalte von ihrem Endgerät auf den Monitor transportieren. Whiteboard Apps können vom Lehrer genutzt werden, um den Monitor wie eine Tafel zu benutzen. Mit einfachen Halteständern können Tablet oder Laptop so befestigt werden, dass die Lehrer damit gut im Stehen präsentieren können.

Die folgenden Szenarien sind mit dieser Basisausstattung beispielsweise möglich:

  • Filme/Videos aus Youtube, den Medienbibliotheken oder Mediatheken der TV-Sender zeigen,

  • Webseiten gemeinsam anschauen,

  • Mitschriften fotografieren und als Foto in der ganzen Klasse zeigen (Funktion einer Dokumentenkamera),

  • Musik streamen,

  • gemeinsam an Dokumenten und interaktiven Aufgaben bzw. Simulationen aus dem Netz arbeiten,

  • das Smartphone oder Tablet als interaktives Whiteboard verwenden,

  • beliebige Dateien präsentieren (doc, ppt, pdf, Foto, Video usw.).

In dieser “Basisausstattung” des Klassenraums der Zukunft gehört es dazu, dass ein Schüler sich melden und Mitschriften, Übungsergebnisse oder Webinhalte von seinem Laptop auf den Bildschirm übertragen kann, ohne dafür aufstehen und nach vorne an die interaktive Tafel gehen zu müssen.

Vorteil der personalisierten Laptops und PCs für Lehrer ist zudem, dass Lehrer darüber auch die Klassen-, Noten- und Schülerverwaltung durchführen können. Diese Lehrer-Apps können den Arbeitsalltag erheblich erleichtern. Sie unterstützen die Klassenverwaltung sowie das Management von Schüler- und Elternkontaktdaten. Weiterhin gibt es umfangreiche Funktionen zur Notenverwaltung, bei denen man auch die Gewichtung definieren kann. Die Notenerfassung ist meist bei den Apps sehr komfortabel gelöst, so z.B. über Serieneingabe einer Arbeit für die ganze Klasse und deren nachträgliche Bearbeitung. Die Berechnung von Durchschnittsnoten erfolgt automatisch. Pro Schüler können sehr schnell die jeweiligen Einzelnoten eingesehen werden. Ebenso werden Fehlzeiten, vergessene Hausaufgaben und andere frei definierbare Eintragungen festgehalten. Auch hat man komfortable Klassenübersichten, in denen man schnell sehen kann, welche Schüler noch etwas nachzureichen haben. Diese Funktionen können mit Erinnerungsfunktionen verknüpft sein. Über die Verknüpfung mit Kontaktdaten kann man auch Schülern oder Eltern relativ einfach Mails oder Erinnerungen zukommen lassen. Die Apps arbeiten dabei sehr visuell. Lehrer können beispielsweise Fotos pro Schüler hinterlegen und damit die Tools auch als Hilfsmittel nehmen, um Schülernamen nicht mehr zu vergessen. Erinnerungsfunktionen, die nicht nur Schülern, sondern auch Ereignissen, Unterrichtsplänen oder Klassen zugeordnet sind, lassen sich verwalten. Sitzordnungen in Klassen können abgebildet werden. Klassenlisten und Dateien lassen sich exportieren oder drucken. Lehrer-Apps legen besonderen Wert auf Datenschutz, -sicherheit und -sicherung. So werden in den Apps die Daten verschlüsselt gespeichert. Die Apps können so eingestellt werden, dass Zugriffe auf Daten wie Noten immer nur nach erneuter Eingabe von Passwörtern oder zu wählenden Nummerncodes erfolgen können. Die Apps verfügen hierzu über etliche Sicherheitseinstellungen, die es den Lehrern ermöglichen, einen hohen Standard für sich selbst zu setzen. Auch können von der Datenbank Sicherungen automatisch in Dateien auf dem Endgerät durchgeführt werden. Über Massenexporte können auch Listen erzeugt werden, um diese ggf. auszudrucken.

2.2 Ausbaustufe 2: Vernetzung und Internet-Zugänge

Das digitale Klassenzimmer ohne Internet-Zugang ist in gewisser Weise wie “Autos ohne Benzin”. Natürlich müssen Lehrer und Schüler nicht immer online sein, insbesondere nicht in den ersten Klassen der Primarstufe. Viele Lern-Apps können auch ohne Internet eingesetzt werden. Um das volle Potenzial der digitalen Schule und mobilen Endgeräte auszuschöpfen, wird jedoch ein Internet-Zugang benötigt. Nur so können Schülerinnen und Schüler im Internet recherchieren, miteinander an einem Dokument arbeiten oder selbst erstellte Inhalte auf Lernplattformen hochladen. Benötigt wird also in der nächsten Ausbaustufe eine Infrastruktur, die auf mobiles Lehren und Lernen zugeschnitten ist und die so ausgelegt ist, dass Lehrkräfte und mehrere Schüler möglichst gleichzeitig online gehen können.

Eine komfortable - wenn auch nicht die günstigste - Lösung sind Endgeräte, die mit einer eigenen Datenkarte ausgestattet sind. Diese können auch ohne physische Anbindung an das Schulnetz sofort zum Surfen genutzt werden. Dies könnten beispielsweise die Lehrer-PCs oder Tablets sein. Mit dieser Variante wird der Einsatz von Tablets auch nicht mehr nur auf den Lernort Schule beschränkt. Tablets können dann auch beispielsweise während eines Museumsbesuch vor Ort genutzt werden. Zu beachten ist, dass die Datenkarten Verbindungen zu schnellen Mobilfunknetzen aufbauen, damit auch Videos und andere datenintensive Medien genutzt werden können. Lehrer können dann auch hierüber den Schülern Zugriff auf das Internet geben, indem diese den Lehrer-PC als WLAN für die eigenen Endgeräte (z.B. bei Nutzung eines eigenen Smartphones) nutzen. Somit liegt die Kontrolle über die Zugänge immer noch in der Hand der Lehrer.

Natürlich sollten Schulen das Ziel haben, alle Klassenzimmer mit durchgängigem WLAN auszustatten. Denn letztlich geht es darum, überall auf dem Schulgelände den Zugang zum Internet für Lernzwecke aber auch ggf. als Service für ältere Schüler zu ermöglichen. Dabei können Schulen den Betrieb der Infrastruktur an entsprechende Systemdienstleister auslagern, um nicht intern mit den technischen Fragen einer solchen Ausstattung überfordert zu sein. Über ein WLAN können Schulen auch gezielt Zugänge zu bestimmten Internetseiten sperren oder nur zu bestimmten Zeiten wie z.B. in den Pausen das freie Surfen ermöglichen.

2.3 Ausbaustufe 3: Schüler

Tablet-Klassen haben derzeit Konjunktur in Pilotprojekten, allerdings bedeuten sie auch erhebliche Investitionen – und zwar nicht nur einmalig – denn die Geräte müssen auch im Fall von Defekten schnellt ausgetauscht werden können. In Tablet-Klassen ist die Idee, Unterricht über Tablets oder Tablet-PCs in der Form durchzuführen, dass jeder Schüler und jede Schülerin oder zumindest Gruppen von Schülern über ein eigenes Endgerät verfügen und darauf die unterschiedlichsten Apps verwenden sowie möglichst die Schulbücher in elektronischer Form (sofern verfügbar). Die Geräte können von den Lehrern für den Unterricht vorbereitet werden, sie sind mit einer entsprechenden Software ausgestattet vom Lehrer kontrollier- und steuerbar. Der Lehrer sieht sich mit einheitlichen Technologien konfrontiert und kann Hilfestellungen leisten, wenn sie erforderlich sind. Im Primarstufenbereich wird ein solcher technischer Weg - wenn eine Schule auch Unterricht mit Endgeräten für die Schüler ermöglichen will - als sinnvoll erachtet.

In älteren Klassenstufen und alternativ zur Ausstattung der Schüler mit einem Endgerät durch die Schule kann auch über “Bring Your Own Device” Konzepte diskutiert werden. Diese Variante mag dann sogar sinnvoller sein. In diesem Fall wird den Schülern erlaubt, ihr eigenes Endgerät, z.B. Smartphone, auch im Unterricht einzusetzen (Anmerkung: In diesen Fällen sollten sich die Lehrer die schriftliche Erlaubnis der Eltern einholen). Letzteres Konzept hat den Vorteil, dass die Schüler das Gerät nutzen, das sie am besten kennen. Nachteil ist einerseits der Kontrollverlust für den Lehrer sowie die Tatsache, dass die Lehrkräfte im Unterricht mit unterschiedlichen Endgeräten konfrontiert sind.

2.4 Ausbaustufe 4: Softwareplattformen und Inhalte

Die Vernetzung von Lehrer und Schüler rund um ihren Unterricht sollten auch technologisch von Plattformen unterstützt werden, die den Austausch von erarbeiteten Inhalten, Unterrichtsmaterial oder sonstigen Lernressourcen in einer sicheren Umgebung und ohne Zugang von unberechtigten Personen ermöglichen. Plattformen, die solches prinzipiell leisten (abgesehen vielleicht vom EU Datenschutzrecht, siehe unten), sind beispielsweise Edmodo oder Schoology. Sie werden in den USA bereits von über 50 Mio. Schülern genutzt.  In Deutschland bieten Lösungen wie edyou ähnliche Unterstützung in einer sicheren Umgebung unter Berücksichtigung des EU Datenschutzrechts. Generell zeigt, sich, dass die neue Generation von Plattformen, die von Schülern akzeptiert werden, ähnlich wie soziale Netzwerke funktionieren müssen, die sie aus dem Privatbereich kennen und deren Umgang sie gewohnt sind. Sie sollten aber aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre und Datensicherheit für geschlossene Gruppen ausgerichtet sein. Ein Zugang kann dann nur auf Einladung durch einen Lehrer erfolgen. In diesen Netzwerkplattformen lassen sich Gruppen moderieren, Untergruppen und Aufgaben anlegen, Lernfortschritte einsehen und alle möglichen Dokumente wie Skripte, Folien, Literaturlinks oder Videos teilen, kommentieren und bewerten. Weiterhin können Aktivitäten der Teilnehmer gepostet, kommentiert und bewertet werden. Die Sammlung von Videos über mehrere Lerngruppen oder Kurse bzw. Klassen hinweg kann zudem dazu führen, dass eine ganze Bibliothek von Inhalten entsteht, die in der Folge auch für Selbstlernphasen genutzt werden kann.

Es ist zu erwarten, dass sich solche “sozialen Schulplattformen” als wichtige Softwarekomponente im Lehr- und Lernprozess auch in Deutschland durchsetzen werden. Sie sind einfach zu bedienen, stehen in der “Bildungs-”Cloud bereit und erfordern kaum Technologie-Know-how der Anwender – gleich ob Lehrer oder Schüler. Der Zugang zu ihnen kann mobil wie auch via Desktop-PC oder Laptop erfolgen. Gleichzeitig schreiben sie kein didaktisches Konzept fest, sondern bieten den Lehrern sehr freie Gestaltungsmöglichkeiten für den Unterricht in nahezu jedem Thema oder Fach.

Weitere Einsatzmöglichkeiten von mobilen Endgeräten im Unterricht bieten Web-Dienste und Apps, die Inhalte zum interaktiven Selbststudium anbieten. Neben „Altbekanntem“ wie Wikipedia, speziellen Webseiten oder eBooks haben sich in den letzten Jahren eine Vielzahl an neuen Formaten entwickelt, die einen einfachen, meist kostenfreien Zugang zu Ressourcen ermöglichen, die in dieser Form einer „normalen“ Schule nicht zur Verfügung stünden. Ein Beispiel hierfür sind virtuelle Labore. Mit ihrer Hilfe können virtuelle Experimente zu zahlreichen Themengebieten in den Unterricht integriert werden. So bieten das Europäische Kernforschungszentrum CERN oder die Europäische Space Agency ESA die Möglichkeit, über das Internet die dort vorhandenen Versuchslabore zu nutzen. Lehrer und Dozenten können im Physik- oder Astronomie-Unterricht vorgefertigte Versuchsbeschreibungen und Aufgaben abrufen. Zudem können die hochkomplexen Versuchsanlagen und Labore zu bestimmten Zeiten virtuell bedient und von Bildungsinstitutionen genutzt werden. Damit lassen sich reale Experimente virtualisieren und im Präsenz-Bildungsangebot integrieren (siehe Projekt GoLab der EU).

Andere Beispiele sind offene Lernressourcen wie die Khan Academy oder TheSimpleClub. Hier finden sich zahlreiche Inhalte, die den Schülern helfen können, sich Wissen anzueignen und sich somit auf Übungen im Klassenraum vorzubereiten.

Sicherlich gibt es auch Gründe dafür, die Nutzung von internetfähigen Endgeräten im Klassen- oder Seminarraum zu unterbinden, beispielsweise um Ablenkung zu vermeiden und die Konzentration auf den Unterricht und den Dozenten hoch zu halten. Dies kann – gerade im Jugendalter – oder je nach Lernziel verständlich und teilweise berechtigt sein. Andererseits bieten sich für Dozenten auch Chancen, die Aufmerksamkeit der Teilnehmer zu erhöhen, wenn es gelingt, die Technologien als Hilfsmittel in den Unterricht einzubinden.

3. Eine Notwendigkeit: Wie die Lehrerfortbildung gelingt

Viele Schulen setzten zunehmend auf den Einsatz digitaler Medien im Unterricht - und dies zu Recht. Medien allein sind jedoch nur zu einem geringen Teil für den Lernerfolg ausschlaggebend, weshalb Lernen mit Multimedia nicht per se als das effektivere Lernen angesehen werden kann. Erst wenn Didaktik, Mediendidaktik und -pädagogik, Organisation, Methodik und Inhalte professionell geplant und umgesetzt werden, kann ein guter Unterricht entstehen. Lehrerfortbildung in Bezug auf den Einsatz digitaler Medien ist daher unverzichtbarer Bestandteil der Digitalisierungsstrategie einer Schule. Dieses Kapitel soll eine Orientierungshilfe bieten.

3.1 Die Säulen der Lernpsychologie: Vier Paradigmen im Überblick

Grundlage für die Anwendung von didaktischen Methoden und den Einsatz digitaler Technologien im Unterricht ist die Art und Weise, wie Lernen verstanden wird: Nach welchen Gesetzmäßigkeiten es funktioniert, wie es stattfindet und optimal unterstützt werden kann. Häufig ist dies abhängig davon, wie das Individuum in Relation zu seiner Umwelt gesehen wird. Lernparadigmen versuchen darauf eine Antwort zu geben. Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die drei populärsten Paradigmen der Lernpsychologie: Den Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus. Von besonderem Interesse im Zusammenhang mit digitalem Lernen ist zudem die relativ junge Theorie des Konnektivismus. 

Behaviorismus: Das Individuum als Produkt seiner Umwelt

Der Psychologe John B. Watson gilt als Begründer des Behaviorismus, der in den 1920er Jahren zum vorherrschenden Denkansatz in der Lernpsychologie wurde.

In den 1950er Jahren fand der Behaviorismus durch die Werke von B. F. Skinner seinen Höhepunkt. Er ging davon aus, dass das Bewusstsein und der freie Wille lediglich Illusionen seien und das menschliche Verhalten ausschließlich auf gelernten Reaktionen auf Umweltreize basiere (Skinner, 1971a). Die Psychologie sollte auf die Untersuchung beobachtbaren Verhaltens beschränkt und alles Subjektive verbannt werden: Geistige und innere Prozesse des Menschen, die während dem Lernen stattfinden (Emotion, Motivation, Absicht etc.), wurden damit als nicht beobacht- und erfassbar abgetan und blieben bewusst unberücksichtigt (Watson, 1913). Das Ziel war die Etablierung der Psychologie als objektive Wissenschaft.

Der Mensch bzw. dessen Gehirn stellt im Behaviorismus eine Black-Box dar, der eine äußerliche Beobachtung der inneren Vorgänge unmöglich macht. Ein Reiz gelangt in die Black-Box und führt ergebnisseitig zu einer Reaktion. Die Zwischenschritte bleiben verschlossen. Verhalten wird lediglich als das Ergebnis von verstärkenden und abschwächenden Faktoren aufgefasst: Auf bestimmte Reize erfolgt eine bestimmte Reaktion (Reiz-Reaktions-Schema).

Behaviorismus und Schule

Im Behaviorismus wird Lernen als Verstärkung und Abschwächung von Verhaltensweisen aufgefasst: Hat ein bestimmtes Verhalten ein angenehmes Ereignis wie ein Lob oder einen Lernerfolg zur Folge, so wird dieses Verhalten verstärkt und folglich wiederholt. Im Sinne der klassischen Konditionierung (vgl. Zimbardo, 1992) heißt dieser Vorgang positive Verstärkung. Im Gegenzug spricht man von negativer Verstärkung, wenn durch ein bestimmtes Verhalten ein unangenehmer Zustand in einen angenehmen gewandelt wird und das entsprechende Verhalten dadurch ebenfalls verstärkt, also häufiger gezeigt wird. Verhalten, auf welches eine negative Konsequenz erfolgt (z.B. Bestrafung) oder das einen vorher angenehmen Zustand beendet, wird dagegen abgeschwächt. Nach Thorndike (1911) wirkt sich die Intensität des Reizes dabei auf das Ausmaß der Verstärkung oder Abschwächung aus.

Zu den bekanntesten behavioristischen Lernansätzen gehören neben der klassischen Konditionierung auch das operante Konditionieren (vgl. Zimbardo, 1992) und das Modelllernen (vgl. Bandura & Walters, 1963).

Im schulischen Kontext steht der Behaviorismus für klassisches „Einpauken“ von Informationen. Vorgegebene Aufgaben werden so lange wiederholt, bis sie richtig gelöst werden. Für die Praxis heißt dies, dass kleinschrittige, wiederholende Übungen überall da eingesetzt werden können, wo das Lernmaterial in Form einzelner Punkte vorliegt, also nicht erst in kleine Teile zerlegt werden muss. Dies ist z.B. beim Lernen von Vokabeln der Fall (vgl. Mitschian, 2000). Durch Lob oder Lernerfolge werden Reize geschaffen, die die korrekt erinnerte Information verstärken. Demzufolge sollten Lerninhalte und -materialien so aufbereitet werden, dass beim Lernen häufig Erfolgserlebnisse ausgelöst werden:

  • Das Lernziel sollte so genau wie möglich bekannt sein.

  • Die Lernschritte müssen in logischer Abfolge aufeinander aufbauend zum Lernziel führen.

  • Die Lernenden sollten 95% aller Lerneinheiten erfolgreich bestehen können (vgl. Skinner, 1971b).

Der Behaviorismus sieht den Lernenden also als passiv und äußeren Reizen ausgesetzt an. Dies stellt den wesentlichen Kritikpunkt dieses Paradigmas dar, da starre Reiz-Reaktions-Verbindungen nach Auffassung anderer Lernparadigmen eine nur unzureichende Erklärung menschlichen Verhaltens bieten. So können verschiedene Individuen beispielsweise vollkommen unterschiedlich auf denselben Reiz reagieren – ein Umstand, der in behavioristischen Theorien außer Acht gelassen wird.

Kognitivismus: Das Individuum als informationsverarbeitendes Wesen

Der Behaviorismus wurde durch die kognitive Wende in den 1960er Jahren zurückgedrängt. Menschliches Verhalten wurde jetzt nicht mehr durch Umweltreize, sondern vielmehr durch kognitive Prozesse erklärt (vgl. Neisser, 1967). Im Mittelpunkt standen die individuelle Informationsverarbeitung sowie die dazugehörigen Denk- und Verarbeitungsprozesse der Lernenden (vgl. Holzinger, 2000).

Kognitivisten sind davon überzeugt, dass sich beim Lernen komplexere Prozesse abspielen als die passive Bildung neuer Reiz-Reaktions-Verknüpfungen (vgl. Baumgart, 2001). Sie nehmen an, dass nicht nur die Umweltreize an sich schon Erleben und Verhalten bewirken, sondern dass deren Wahrnehmung, Verarbeitung und Bewertung durch den Menschen von entscheidender Bedeutung ist (vgl. Hobmair, 2002). Somit wird also die Vorstellung einer „Blackbox“ abgelehnt und Gefühle als auch Gedanken berücksichtigt.

Eine der grundlegenden Annahmen ist die Maschinen-Metapher: Der Mensch wird als biologische Maschine betrachtet, die Informationen aufnimmt, verarbeitet, abspeichert und anwendet. Ziel war es, die Funktionsweise und Gesetzmäßigkeiten dieser Maschine zu erforschen und die im Gehirn ablaufenden Prozesse wie beispielsweise Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Entscheidungsfindung, Problemlösen und Sprache zu verstehen. Verglichen mit anderen Lerntheorien ist der Kognitivismus ein relativ moderner Zweig der Psychologie, denn der Gegensand der Forschung ist nicht mehr streng beschränkt. Vielmehr gibt es einige Überschneidungen zu behavioristischen und konstruktivistischen Lerntheorien.

Kognitivismus und Schule

Aus Sicht des Kognitivismus ist Lernen ein Prozess der Informationsverarbeitung. In Analogie zu einer Maschine nimmt das Gehirn entsprechend (multimedial) verschlüsselte Informationen über Sinnesorgane auf. Diese werden dann auf Basis des individuellen Vorwissens interpretiert und bewertet. Diese Bewertungen können also trotz gleichen Inputs von Informationen unterschiedlich ausfallen (vgl Holzinger, 2000). Das Sender-Empfänger Modell der Kommunikation (vgl. z.B. Malaka, Butz & Hußmann, 2009) lässt sich so auf den Unterricht anwenden und durch Instruktionslernen realisieren. Kognitivistisches Lernen lässt sich auch als Lernen durch Einsicht, d.h. Lernen durch Verstehen, bezeichnen. Es geht dabei nicht mehr um das Einpauken von Informationen, sondern um die aktive Auseinandersetzung mit Lerninhalten sowie um den Erwerb von Methoden und Problemlösefähigkeiten.

Damit ein Lernvorgang im kognitivistischen Sinne erfolgreich stattfinden kann, müssen die Regeln der Informationsverarbeitung beachtet werden (vgl.Vontobel, 2006):

  • Aufmerksamkeit wecken: Lernfördernde Reize sollten ungewöhnlich, unbekannt und abwechslungsreich sein. Der Einsatz digitaler Medien kann dabei sehr motivationsfördernd wirken.

  • Vorwissen aktivieren: Zu Beginn einer Lerneinheit sollte ein kurzer Überblick über den folgenden Lernstoff gegeben werden, an den die Lernenden dann anknüpfen können.

  • Wahrnehmungsprozess unterstützen: Kognitive Überbelastung sollte vermieden werden. Darum sollte eine abgeschlossene Informationseinheit nicht mehr als einen Bildschirm oder eine Folie umfassen. Komplexe Informationen sollte in ihre Bestandteile zerlegt und aufeinander aufbauend präsentiert werden. Zudem sollten Informationen stets einfach, verständlich und prägnant dargestellt werden.

  • Speicherung im Gedächtnis verbessern: Die Gedächtnisleistung der Lernenden kann z.B. durch die Aktivierung von Vorwissen, Wiederholungen und Übungen sowie Anwendung der neuen Informationen verbessert werden.

  • Wissen überprüfen und verbessern: Kontrolle des gelernten Wissens und ein damit verbundenes Erreichen von Lernerfolgen bzw. konstruktives Feedback können das Lernverhalten positiv beeinflussen. Dazu eigenen sich z.B. Quizzes und Tests.

Konstruktivismus: Das Individuum als Konstrukteur seiner subjektiven Realität

Nach der Theorie des Konstruktivismus ist Lernen ein aktiver Konstruktionsprozess, in dem jeder Lernende eine individuelle Repräsentation der Realität erschafft. Individuen reagieren demnach nicht auf Reize einer objektiven Welt, sondern erzeugen anhand von Sinneseindrücken ein subjektives Abbild. Dieses ist in starkem Maße von der individuellen Prägung, dem Vorwissen, sowie von der konkreten Lernsituation abhängig. Was eine Person über ihre Sinne wahrnimmt, also was sie sieht, hört, riecht oder schmeckt, ist also keine objektive Wahrnehmung der Realität, sondern stets subjektiv geprägte Interpretation (vgl. Mietzel, 2001).

Konstruktivismus und Schule

Seit Ende des 20. Jahrhunderts spielt der Konstruktivismus eine große Rolle in der Methodikdiskussion der Unterrichtsgestaltung. In Deutschland resultierte ein Umstellungsprozess weg von instruktionistischen und behavioristisch geprägten Verfahren hin zu mehr konstruktivistischen Methoden in allen Schultypen und Fächern.

Nach der konstruktivistischen Lerntheorie kann Wissen nicht von einer Person auf eine andere Person übertragen werden, sondern muss von jedem Menschen neu konstruiert wird. Wenn beispielsweise eine Lehrperson einem Schüler etwas erklärt, speichert er die Informationen nicht einfach ab, sondern konstruiert sich sein persönliches, individuelles Abbild der Realität. Die Aufgabe einer Lehrperson besteht darin, die Lernenden durch ein ausgewogenes Maß an Instruktion in ihrem individuellen Lernprozess zu unterstützen. Die Lernenden sollen sich mit den Lerninhalten aktiv selbständig auseinandersetzen, deren Inhalte erschließen und Zusammenhänge entdecken. Das Wissen der Lehrperson sollte dafür gut strukturiert und leicht explorierbar dargestellt werden (Thissen, 1997).

Breite Anwendungen findet der Konstruktivismus zum Beispiel im technologiegestüzten Unterricht. Medien werden häufig dazu verwendet, den Lernenden die Möglichkeit zu geben, in verschiedenen Informationsquellen zu recherchieren sowie Aufgaben mit Unterstützung diverser Werkzeuge zu lösen. Dies steht in enger Verbindung zur Theorie des situierten Lernens (siehe 3.2.3).

Konnektivismus: Das vernetzte Individuum

In Zeiten des digitalen Lifestyles kann der Einsatz von Medien im Unterricht Lernsituationen initiieren, in denen traditionale Lernarrangements nicht mehr funktionieren, weil ihre Thesen zu kurz greifen.

Including technology and connection making as learning activities begins to move learning theories into a digital age. We can no longer personally experience and acquire learning that we need to act. We derive our competence from forming connections.” (vgl. Siemens, 2005).

Nicht nur die Technologien haben sich verändert, sondern damit verbunden auch die Beziehungen der Lernenden untereinander: Häufig stehen nicht mehr Individuen, sondern die Gruppe und ihre damit verbundenen Interaktionen im Vordergrund. Der Lerntheoretiker Georg Siemens (2005) hat dazu die Lerntheorie des Konnektivismus als Grundlage für das Lernen im digitalen Zeitalter formuliert.

Im Konnektivismus wird der Mensch - anders als in anderen Lerntheorien - nicht als isoliertes, sondern als vernetztes Individuum verstanden. Das Netzwerk mit Verbindungen zu anderen Menschen sowie zu nicht-menschlichen Quellen ist laut Siemens (2005) maßgeblich für Lernen. Grund dafür ist, dass Lernen und Wissen immer Meinungsvielfalt einschließen. Im Konnektivismus ist Lernen also ein Prozess, bei dem verschiedene Informationsquellen verbunden werden. Eine Kernkompetenz für effektives Lernen stellt daher die Fähigkeit dar, Verknüpfungen zwischen verschiedenen Wissensfeldern, Ideen und Konzepten herzustellen. Lernen vollzieht sich über unterschiedliche Art und Weise, wobei eine Unterrichtsstunde Quelle für Lernen sein muss. Andere Kanäle sind z.B. Blogs oder digitale Magazine lesen, Unterhaltungen führen, diskutieren usw. Der Lernende kann sein Lernen erheblich verbessern, wenn er sich in ein bestehendes Netzwerk oder in eine Gemeinschaft zum entsprechenden Thema integriert.

Nach konnektivistischer Ansicht ist es wichtiger zu wissen, wo man Informationen finden kann, als diese Information selbst immer sofort genau zu verinnerlichen. Der Aufbau von Netzwerken zum Erlangen von Informationen oder zum genauerem Verständnis führt meist zu größeren Erfolgen als das detaillierte Durchdringen oder einfache Suchen. Daher sollte es Aufgabe der Schule sein, den Aufbau von Netzwerken sowie die Verknüpfung verschiedener Informationskanäle zu fördern.

Dem Konnektivismus liegt außerdem die Annahme zu Grunde, dass sich Denken und Emotionen gegenseitig beeinflussen und daher beides im Lernprozess berücksichtigt werden sollte. Der Lernprozess wird demnach auch durch die Motivation, über die ein Lerner verfügt, sowie von seiner Stimmung beeinflusst.

3.2 Pädagogische Konzepte in Zusammenahng mit digitalem Lernen

Um Digitales Lernen erfolgreich zu gestalten, müssen zunächst übergeordnete Lernziele definiert werden, anhand derer sich Lehrpersonen dann für ein passendes pädagogisches Konzept zur Verwirklichung dieser Lernziele entscheiden. Dabei spielen digitale Inhalte eine zunehmend große Rolle, da mit ihrer Hilfe Lernmaterial zeitgemäß und zielgerichtet präsentiert und vermittelt wird. Im Folgenden werden moderne Lernkonzepte beschrieben, die durch digitale Inhalte ihr volles pädagogisches Potential ausschöpfen können.

Lernen mit Multimedia

Multimedia, also die Kombination verschiedener Medien, ist allgegenwärtig. Es meint zunächst die Verknüpfung verschiedener Kanäle (beispielsweise Text und Bild) zur Vermittlung von Inhalten. Mit der stetig fortschreitenden Digitalisierung und der damit einhergehenden digitalen Vermittlung von Inhalten, kommt diesem Multimedia Konzept eine immer größere Bedeutung zu. Inhalte werden nicht nur über mehrere Kanäle kommuniziert, sie werden auch interaktiver, verlangen danach nicht nur gehört und gesehen, sondern auch aktiv behandelt zu werden. Dies soll mit mehreren Sinnen geschehen, also multimodal sein (vgl. Weidenmann, 2001). Beispiele hierfür bieten aufstrebende Force-Feedback Technologien, wie Sie bereits in marktführenden Smartphones und Tablets zu finden sind. Diese sprechen neben visuellen und auditiven Kanälen gleichzeitig auch den Tastsinn der NutzerInnen an, und integrieren somit gleich drei Sinnesmodalitäten.

Mit fortschreitender technologischer Entwicklung, wachsen gleichsam auch die Herausforderungen an modernen Unterricht. So spielt multimediales Lernen eine zunehmend größere Rollen in den Klassenzimmern der Bundesrepublik, als dies noch vor ein paar Jahren der Fall war. Um Lernen mit multimedialen Inhalten erfolgreich und nachhaltig zu gestalten, gilt es jedoch Grundprinzipien dieses Instruktionsdesigns zu verstehen und umzusetzen.

Hierzu gibt es bereits einige Forschungsansätze, wie beispielsweise die Kognitive Theorie des Multimedialen Lernens nach Mayer (2001), die verschiedene Prinzipien multimedialen Lernens integriert und durch Astleitner, Pasuchin und Wiesner (2006) um die motivationale Komponente des Lernens sowie 2008 durch Wiesner um die emotionale Komponente (emotionales Lernen) ergänzt wurde.

Demnach wird der Wissenserwerb gefördert, wenn Informationen sowohl durch Text als auch Bilder repräsentiert werden, anstatt nur durch Text oder nur durch Bilder. Zudem sollen Text- und Bildinformationen in räumlicher Nähe zueinander platziert werden, um den Lernerfolg zu optimieren. Bildliche und textuell sprachliche Inhalte werden sinnvollerweise parallel anstatt sukzessive präsentiert. Für den Lerner interessante Informationen, die für das eigentliche Lernziel jedoch irrelevant sind, reduzieren den letztendlichen Wissenserwerb, und beeinträchtigen so die Lernleistung. Weiterhin ist Lernen erfolgreicher, wenn Informationen audiovisuell, also durch Bild und Ton dargestellt werden, als durch visuelle Darstellung allein. Diese audiovisuelle Darstellung von Lerninhalten ist ebenfalls erfolgreicher, als die redundante Darstellung der gleichen Information durch Bild, Ton und Text. Bei der Vermittlung von Lerninhalten können persönliche Ansprachen und pädagogische Agenten unterstützend auf den Lernprozess wirken. Lerner mit geringem Vorwissen profitieren zudem von Designeffekten des Lernmaterials, deutlich stärker als Lerner mit vergleichsweise hohem Vorwissen dies tun, da diese aufgrund ihres Vorwissens besser imstande sind Mängel im Instruktionsmaterial auszugleichen (vgl. Mayer, 2001).

Bei der Verwendung multimedialer Inhalte im Unterricht müssen zunächst übergeordnete Lernziele festgelegt werden, auf Grundlage derer die Medienauswahl stattfindet. Hält man sich dann an die oben genannten Prinzipien, dürfte dem erfolgreichen multimedialen Lernen nichts mehr im Wege stehen.

Personalisiertes Lernen

Personalisiertes Lernen ist das Instruktionsdesign, welches am stärksten an den Bedürfnissen des einzelnen Lerners ausgerichtet ist. Hierbei sind Lernziele, Lerntempo und Lerninhalte individuell, was ein hohes Maß an Selbstlernkompetenz des Lerners erfordert. Die klassische Rolle des Lehrers als belehrende Autoritätsperson wandelt sich beim personalisierten Lernen hin zum Lerncoach, der als Begleiter des Lernprozesses fungieren und die Selbstlernkompetenz der Lerner fördern soll (vgl. Fassnacht, 2014).

Um diesen komplexen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es modernster technologischer Unterstützung, beispielsweise in Form von Software, die analysiert wie Individuen lernen und ihnen anhand der errechneten Ergebnisse einen individualisierten Lernplan erstellt, der speziell auf die Stärken und Schwächen des Einzelnen abgestimmt ist und so stets das perfekte Maß an Herausforderung bietet ohne zu überfordern. Schüler können somit optimale Lernergebnisse erzielen. In den USA werden solche Konzepte bereits modellhaft in Schulen umgesetzt, in Deutschland wird bisher selten auf die technologischen Möglichkeiten zu dieser sogenannten Binnendifferenzierung zurückgegriffen.

Situiertes Lernen

Situiertes Lernen, also Lernen im Bezug zur eigenen Lebenswelt bezeichnet Lernen, das in Interaktion mit anderen (soziale Komponente) sowie in authentischen Situationen erfolgt, so dass das angeeignete Wissen auch in Zukunft noch relevant und bedeutungsvoll bleibt (vgl. Mandl et al., 2002). Hierbei sollen Schülerleistungen verbessert werden, indem an den individuellen Entwicklungsstand der Schüler angeknüpft wird; ein Ansatz, der sich auch im Konzept des obengenannten personalisierten Lernens wiederfindet (vgl. Anderson et al., 2000). Für gelungenes situiertes Lernen ist der Praxisbezug des Lernmaterials essentiell, da es Schülern so leichter fällt Erlerntes aktiv in die praktische Anwendung zu transferieren.

Diese Schaffung authentischer Situationen ist im traditionellen Schulalltag schwer umsetzbar. Schülerinnen und Schüler lernen in einer geschützten Umgebung Inhalte, die für sie zunächst keine offensichtliche Anwendung in ihrer jeweiligen authentischen Lebenswelt finden.

Hier kann Technologie ansetzen, um Authentizität zu vermitteln und somit situiertes Lernen zu fördern. Durch den Einsatz computergestützter Simulationen können diese authentischen Situationen auch im Klassenzimmer erzeugt werden. Probleme können praxisnah innerhalb der jeweiligen Situation gelöst werden und so den Transfer zur Lebenswelt der Schüler ermöglichen.

3.3 Orchestrierung technologiegestützter Lernarrangements 

Orchestrierung technologiegestützen Unterrichts beinhaltet u.a. die Planung und Unterstützung von Lernaktivitäten, die Verteilung von mehreren Lerner- und Lehrerrollen, sowie die Kombination unterschiedlicher Lernarrangements. Zu den aktuellen Phänomenen technologiegestützten Lernens gehören demnach Mobiles Lernen, MOOCs (Massive Open Online Courses) sowie das Lernen in und mit sozialen Netzwerken wie beispielsweise Facebook (vgl. Weinberger, 2015).

Zur Evaluation technologiegestützter Lernarrangements und deren Erfolg im Hinblick auf Erreichen von Lern- und Kompetenzzielen werden an der Universität des Saarlandes instruktionale Ansätze zur Förderung kooperativen Online Lernens erforscht. Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass kontraintuitive bzw. ungünstige Orchestrierung demnach bei den traditionellen Konzepten der Erklärung eines Phänomens im Unterrichts und dem anschließenden Üben in Form von Hausaufgaben besteht sowie bei einer individuellen Vorbereitung beispielsweise bei Gruppenarbeit und erst daran anschließender gemeinsamer Diskussion. Demnach soll durch Orchestrierung der klassische Verlauf einer Abfolge von Lernarrangements durch eine Verknüpfung der genannten Lernarrangements ersetzt werden. So kann auf längerfristige Sicht eine deutliche Effizienzsteigerung des Online Lernens durch Instrumente wie Skripts oder Awareness Tools erreicht werden (vgl. Weinberger, 2015).

Orchestrierung kann somit als nützliches Konzept zur Analyse und gleichsam Förderung der Kombination unterschiedlicher, technologiegestützter Lernarrangements angesehen werden. Wichtig hierbei ist, dass Orchestrierung dynamisch bleibt, das heißt Lehrerinnen und Lehrer haben die Möglichkeit, das Lernarrangement zu jedem gegebenen Zeitpunkt auf die Bedürfnisse der Lerner anzupassen (vgl. Dillenbourg et al., 2010).

4. Beispiele: Unterrichtsgestaltung für Deutsch in der Grundschule mit digitalen Medien

Zur Schaffung eines bundesweit einheitlichen Bezugsrahmens bezüglich schulischer Anforderungen in einzelnen Fächern, hat die Kultusministerkonferenz (KMK) sogenannte Bildungsstandards vereinbart. Diese Bildungsstandards finden länderspezifisch Anwendung in den jeweiligen Kernlehrplänen, welche neben inhaltlichen Kompetenzen auch übergreifende Kompetenzen beinhalten, die sich u.a. auf Methoden, Verfahren und Lernstrategien beziehen, die die Schülerinnen und Schüler beherrschen sollen, um so die inhaltlichen Kompetenzen erwerben zu können. (vgl. Kernlehrplan Saarland, 2009). Für das Fach Deutsch in der Primarstufe sehen diese Kernlehrpläne zahlreiche Vorschläge zur Erreichung spezifischer Lernziele vor, die durch digitale Medien sinnvoll und zeitgemäß umgesetzt werden können. Daher sollen im Folgenden angelehnt an die Kernlehrpläne, exemplarisch Unterrichtssequenzen vorgestellt werden, die besonders in den Klassenstufen drei bis sechs digital-medial realisiert werden können.

4.1 Lerntagebuch

Mithilfe eines Lerntagebuchs können Schüler ihren eigenen Lernprozess aktiv dokumentieren und so zu selbstreguliertem Lernen sowie zur Reflektion über ihren Lernprozess angeregt werden (vgl. Rambow & Nückles, 2002). Die Entwicklung dieser Fähigkeit des selbstverantwortlichen Lernens gehört in unserer globalisierten Welt, in der Wissen schnell veraltet und es daher gilt sich stetig neues Wissen schnellstmöglich anzueignen, als eine der Kernaufgaben der Bildung und Erziehung junger Menschen (vgl. Landmann et al., 2015). Besonders für Grundschulkinder ist der Aspekt des Schreiben Lernens noch von großer Bedeutung, da bei der Erstellung eines Lerntagebuchs hier auch die Textproduktion an sich einen wichtigen Aspekt zum Lernerfolg beiträgt. Anwendungen wie seesaw ermöglichen die digitale Erstellung eines Lerntagebuchs auf Smartphone, Tablet oder PC und auch Microsoft Word bietet fertige Lerntagebuch Vorlagen. Der Vorteil gegenüber klassischen Lerntagebüchern besteht einerseits in der einfachen Anwendung. Mit einem Klick können Fotos oder gar Videos des eigenen Lernerfolgs in das Tagebuch integriert werden. Über Smartphone oder Tablet ist das Tagebuch ständiger Begleiter und kann jederzeit und an jedem Ort bearbeitet werden. So werden Schülerinnen und Schüler schon früh auf die Anforderungen einer sich immer schneller entwickelnden digitalisierten Gesellschaft vorbereitet.

4.2 Gamification Elemente

Mit der Integration von Lern- und Trainingsapps in den Unterrichtsalltag üben Kinder auf spielerische Art und Weise zuvor besprochene Inhalte. Man fasst diesen spielerischen Aspekt des Wissenserwerbs unter dem Schlagwort der Gamification, also der spielerischen Darstellung und Vermittlung von Wissensinhalten zusammen. Apps wie die sprechende Alphabet-Tafel “Wortzauberer” trainieren Lese- und Schreibfähigkeiten und bieten durch Minispiele wie das Buchstabier-Quiz einen hohen Spaß- und Motivationsfaktor. Über personalisierte Wortlisten können individuelle Wörter geübt werden, wodurch das oben genannte Konzept des personalisierten Lernens angesprochen wird. Mit Hilfe solcher kindgerechten Anwendungen für Smartphone und Tablet wird das Lernen auch am Nachmittag und außerhalb des Schulalltags zum Kinderspiel.

4.3 Digital Storytelling

Vor allem in der Grundschule spielt das Lernen in und mit Geschichten eine bedeutende Rolle. Durch den Einsatz verschiedener Medien werden Geschichten für die Kinder gegenständlich oder im wahrsten Sinne des Wortes „begreifbar“. Die Unterstützung einer Erzählung durch unterschiedliche Medien stellt dabei kein neues Phänomen dar. Neu sind jedoch die Medien – wie zum Beispiel Tablets – die zum Einsatz kommen. Unter Digital Storytelling, also dem digitalen Geschichtenerzählen versteht man demnach eine Form des Erzählens, bei der der mündlich vorgetragene Text um multimediale Komponenten wie Bild, Ton, Animation oder Video ergänzt wird (vgl. Kuhn, 2014). So gelingt es schon Kindern im Vorschulalter mit Hilfe eines Tablets und der passenden App ihre Geschichten in Form eines digitalen Buches zu präsentieren. Diese Form des Lernens fördert die Kreativität der Schüler und schult deren Medienkompetenz. Gleichzeitig werden Fähigkeiten wie kreatives Schreiben und aktives Zuhören geschult. Anwendungen wie Book Creator oder Puppet Pals machen die Gestaltung leicht und bieten zahlreiche Möglichkeiten zum Ausleben der eigenen Kreativität.

4.4 Projektorientierte Gruppenarbeit

Tablets eignen sich besonders zur flexiblen Medienintegration im Unterricht. Sie sind im Vergleich zu Computern oder auch Laptops deutlich handlicher und bedienungsfreundlicher und bieten als Unterrichtswerkzeug vielfältige Möglichkeiten zur Nutzung und Erstellung verschiedener Medien wie Text, Bild, Ton, Video und Präsentationen (vgl. Thissen, 2015). Sie eignen sich zudem besonders für kollaborative Lernprozesse (vgl. Welzel, 2015). Inhalte können leicht mit Lehrern und Mitschülern geteilt werden und erleichtern so den Gruppenarbeitsprozess. Im Deutschunterricht in der Grundschule könnten Anwendungsszenarien das Schreiben einer gemeinsamen Geschichte sein, bei der jedes Gruppenmitglied einen Satz oder einen Abschnitt schreibt und das ganze nachher zu einer stimmigen Geschichte werden soll oder die Erstellung eines gemeinsamen Klassenportfolios, bei dem jeder Schüler einen kurzen Steckbrief über sich ausfüllt und diesen mit Bildern und kurzen Videos ergänzt. Der Phantasie der Lehrperson sind hierbei keine Grenzen gesetzt und grade die zahlreichen Möglichkeiten mobiler Anwendungen, die Medien wie Tablets bieten, fördern in besonderem Maße Kreativität und Ideenreichtum der Schüler, was laut der Empfehlung des Europäischen Parlaments zu den Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen zählt (vgl. Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen, 2006).

5. Ausblick

Die hier genannten Möglichkeiten Bildung bereits in der Grundschule zu digitalisieren und somit modernen Gesellschafsstandards anzupassen, stellen einen Auszug der Technologien, Methoden und didaktischen Konzepte dar, die in diesem Zusammenhang denkbar sind. Aufgrund des schnelllebigen digitalen Wandels, in dem wir uns zurzeit befinden, kommen jedoch ständig neue Technologien auf, aus denen sich neue Möglichkeiten und Chancen für erfolgreiches Unterrichten ergeben. Um Unterricht zeitgemäß und stets interessant zu gestalten, ist es für Lehrpersonen unerlässlich sich über diese neuen Entwicklungen und deren mögliche Nutzung im Klassenzimmer zu informieren und stets up to date zu bleiben. Es sei an dieser Stelle auf Technologien verwiesen, die sich entweder noch in der wissenschaftlichen Erprobungsphase befinden oder aber noch nicht einem breiten Publikum zur Verfügung stehen, deren Potential für zukünftigen Unterrichtskonzepte jedoch außer Frage steht. Gleichwohl geben sie bereits heute einen Ausblick darauf, wie sich die Einsatzmöglichkeiten von Technologie in der Bildung immer mehr verbreiten werden.

3D Drucker werden zukünftig gerade im Schulunterricht eine wichtige Rolle spielen. Mit ihrer Hilfe können Lernende innerhalb kurzer Zeit, abstrakte Konzepte selbst in greifbare „Produkte“ transferieren. Warum nicht die Totenmaske von Tutanchamun im Geschichtsunterricht erarbeiten und ausdrucken, oder ein selbstentworfenes Möbelstück im Kunstunterricht, oder eine neue Dachkonstruktion auf der Meisterschule.

Weiteres Potenzial bieten Augmented Reality Anwendungen. Wenn es beispielsweise um das Einüben von Handhabungen, das Erlernen von Arbeitsschritten oder von Arbeitsverläufen geht, kann mit ihrer Hilfe die Realität auf einem virtuellen Display simuliert werden. Wearables wie die Google-Brille können eingesetzt werden, um beispielsweise technische Geräte zu reparieren. Auf dem Display der Datenbrille werden dann Erklärungen transparent über die realen Geräteteile eingeblendet und erklärt.

 

Literatur

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Über die Autoren

Dr. Volker Zimmermann ist als Geschäftsführer der NEOCOSMO GmbH für Vertrieb, Kundenberatung und Projekte zuständig. Er hat Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik und Personalmanagement an der Universität des Saarlandes studiert und über Geschäftsprozessmanagement in Wirtschaftsinformatik promoviert. Seit 1992 beschäftigt er sich mit innovativen Technologien für Hochschulen und Bildungsinstitutionen. Seine besondere Expertise liegt in den Bereichen Open Education, Content-Erstellung, Lern- und Talent Management​ sowie Massive Open Online Courses. Volker Zimmermann war mehrfach an der Definition neuer Forschungs- und Technologieprogramme im Bereich digitales Lernen für das Bundesministerium für Bildung und Forschung beteiligt sowie für die EU Kommission im Feld "Technology-Enhanced Learning" tätig. Aktuell ist er u.a. Mitglied der IT-Gipfel-Arbeitsgruppe "Intelligente Bildungsnetze" unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

Sophia Schwär absolvierte ihren Master of Science in Kognitiver, Pädagogischer und Wirtschaftspsychologie an der Universität Freiburg. Der Ursprung ihres Interesses für dieses Gebiet liegt in ihrem interdisziplinären Forschungssemster an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne im CHILI-Lab (Computer-Human Interaction for Learning and Instruction). Dieses Institut ist eines der führenden Europas im Bereich der Lerntechnologien. Als Project Consultant bei der NEOCOSMO GmbH unterstützt Sophia Unternehmen bei der Suche nach neuen und innovativen Möglichkeiten der technologiebasierten Kommunikation und Weiterbildung, beispielsweise bei der Entwicklung von Bildungsansatz und Kursdesigns für längerfristige E-Learning-Strategien. Dabei wird der aktuelle Forschungsstand in Bezug auf didaktische Möglichkeiten und Lehr-Design stets berücksichtigt.

Sina-Marie Schneider studierte zunächst Lehramt (Englisch und Geschichte) und beendete 2015 das erste Staatsexamen. Sie studierte danach im interdisziplinäre, zweisprachigen Masterstudiengang Educational Technology an der Universität des Saarlandes. Dieser Studiengang verbindet Bildungswissenschaften mit Computerwissenschaften, Pädagogik, Informatik und Psychologie. Neben Kernthemen aus den Computer- und Bildungswissenschaften erhielt sie Einblicke in die Bereiche der Künstlichen Intelligenz, Human-Computer-Interaction und Lehr-Lerntheorien. Als Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Soziologie entwickelte Sina-Marie einen Blended-Learning Kurs für den Master of Evaluation in Costa Rica und Uganda. Heute begleitet sie Projekte für NEOCOSMO.

Lerntheorien
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Vom Behaviorismus bis zum Konnektivismus